Am 6. Februar fand der diesjährige Neujahrsempfang unserer AG Kassel der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) im Regierungspräsidium Kassel statt.
„Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung“
Der Vorsitzende Boris Krüger begrüßte die über 100 Gäste als eine „Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung“ und erläuterte diese an Beispielen aus Israel und Kassel. Israel hat Waffenstillstände mit der Hamas und Hisbollah geschlossen und Gefangene zurückgeholt. Aber kann es nach dem Trauma des 7. Oktobers und nach den Verwüstungen und Toten im Gaza-Streifen überhaupt noch Frieden geben? Gleiches gilt für Kassel: Auch hier gibt es mit dem Wächterdienst, der Aufführung von „Auch wenn es dunkel ist – Berichte vom 7. Oktober“ am 23. Februar und dem neuen Code of Conduct für die documenta auf der Grundlage der Antisemitismus-Definition der IHRS Hoffnungsschimmer. Doch ist die Hoffnung u.a. durch zahlreiche pro-palästinensische Demonstrationen mit teilweise antisemitischen Untertönen stark getrübt. Um sie nicht völlig aufgeben zu müssen, rief Boris Krüger für verstärkten Einsatz für das jüdische Leben in Deutschland auf, etwa durch Spenden an die DIG oder durch eine Mitgliedschaft.
Erstmalig im Walter-Lübcke-Saal
Regierungspräsident Mark Weinmeister begrüßte als Hausherr die Anwesenden mit den Worten: „Mir ist es ein Anliegen, diesen Empfang hier im Walter-Lübcke-Saal zu beherbergen, weil damals leider auch vom Regierungspräsidium Kassel Verbrechen an jüdischen Menschen verübt wurden.“ Das Grußwort der Stadt Kassel sprach die Stadtverordneten-Vorsteherin Dr. Martina van den Hövel-Hanemann.
Erinnerungen aus 50 Jahren DIG
Einen weiteren Höhepunkt stellten die Erinnerungen von Miki Lazar, Mitglied des Vorstandes der Jüdischen Gemeinde Kassel, zur Gründung der AG Kassel vor 50 Jahren dar. Einem Treffen zwischen Kasseler und israelischen Freimaurern (zu letzteren gehörte Mikis Vater Bumi) Ende der 1960er Jahre in Tel Aviv, das auf allgemeinen menschlichen Werten wie Brüderlichkeit und Humanität basierte, folgten Besuche von offiziellen Vertretern der Stadt Kassel, ein Jugendaustausch, den Miki Lazar im Hause seines Vaters aus nächster Nähe erlebte, sowie ein Gegenbesuch der israelischen Freimaurer in Kassel 1972. Anfang 1975, fast auf dem Tag genau 50 Jahre vor dem diesjährigen Neujahrsempfang, wurde die AG Kassel der DIG gegründet.
Hoffnung durch die „Abraham Accords“
Viele weitere Impulse zum Nachdenken gab schließlich der Hauptreferent, der Antisemitismus-Forscher Professor Stephan Grigat. Er sprach auf sehr packende Weise über Israel und den Iran seit dem 7. Oktober. In einem Exkurs referierte er über den eliminatorischen Antisemitismus des Mullah-Regimes, der eine seiner Wurzeln in der Zusammenarbeit des Großmuftis von Jerusalem, al Husseini, mit dem NS-Regime in der 1940er Jahren hatte. Dieser zeigt sich aktuell in der massiven Unterstützung von Hamas, Hisbollah und Huthi-Milizen durch den Iran. Grigat ging auch auf die unrühmliche Rolle aller deutschen Regierungen seit 1979 ein, die nichts gegen den Handel mit dem Iran unternommen und so indirekt den 7. Oktober 2023 mitfinanziert hätten. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung: Im Zuge der „Abraham Accords“ hat Israel mit mehreren arabischen Staaten Verträge abgeschlossen, etwa mit Marokko oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Grigat sprach abschließend seine Hoffnung aus, dass ein solches Abkommen auch in naher Zukunft mit Saudi-Arabien geschlossen werden könnte, auch wenn die Verhandlungen dafür aktuell auf Eis lägen.
Solidarisieren und Engagieren
Die stellvertretende Vorsitzende der AG Kassel, Kristina Sjöström, fokussierte in ihrem Schlusswort Solidarität und Engagement mit Herz und Hand, auch anhand der Stimmen von Jugendlichen, und dankte allen Beteiligten des Abends, insbesondere den Vorstandsmitgliedern der AG, ohne deren Teamwork die Veranstaltung nicht möglich gewesen wäre.
Musikalisch umrahmt wurde der offizielle Teil des Abends von Georgiy Pawlow an der Violine und Alexander Perlovskij an der Klarinette. Im Anschluss gab es bei Wein und Snacks zahlreiche gute Gespräche zwischen den Anwesenden über das Gehörte sowie weitere aktuelle Themen. Besonders gefragt war natürlich Professor Grigat, der gerne die vielfältigen Rückfragen zu seinen Ausführungen beantwortete. Auf ihn ist auch das Lob an die Mitglieder des DIG-Vorstandes zu beziehen, dass es der AG Kassel jedes Jahr aufs Neue gelänge, interessante und spannende Referenten für ihren Neujahrsempfang zu gewinnen.
Wir danken vor allem dem Team des Regierungspräsidiums für einen sehr gelungenen Abend und allen Gästen und potenziellen neuen Mitgliedern, die Mitgliedschaftsunterlagen mitgenommen haben.
Mitglied werden geht übrigens hier auch digital!







