Kinderarzt und Stadtverordneter, 1873 – 1942
Felix Blumenfeld wurde am 2.5.1873 in Gießen geboren. Durch den frühen Tod seiner Eltern wuchs er bei seiner Tante auf. Nach dem Abitur ging er für das Studium der Medizin nach Marburg und München. Anschließend arbeitete er zunächst einige Zeit als Schiffsarzt bei der Hamburg-Amerika-Linie, bevor es ihn nach Berlin verschlug; im Jahr 1900 promovierte er.
1901 kam er nach Kassel, wo er als Kinderarzt arbeitete. Erschrocken über die hohe Säuglingssterblichkeit in armen Familien engagierte er sich für die Einrichtung sogenannter Milchküchen, in denen Säuglingsnahrung hergestellt und verkauft bzw. kostenlos abgegeben wurde. Andere Städte orientierten sich am Vorbild Kassels und richteten ebenfalls Milchküchen ein.
1906 wurde auf Initiative von Felix Blumenfeld das Kinder- und Säuglingsheim des evangelischen Frauenbundes gegründet, in dem er ehrenamtlich als ärztlicher Betreuer fungierte. 1909 wurde ein Neubau mit 80 Betten in der Nähe des Parks Schönfeld errichtet, womit sich das Kinderheim zu einem Kinderkrankenhaus entwickelte, dessen erster Chefarzt Felix Blumenfeld wurde.
Während des Ersten Weltkriegs arbeitete Blumenfeld als Sanitätsarzt in einem Kriegsgefangenlager in Niederzwehren und initiierte eine Spendensammlung für Kriegsgeschädigte.
Auch nach dem Krieg engagierte sich Blumenfeld weiterhin sozial und politisch, u.a. gegen Antisemitismus gegenüber jüdischen Soldaten; außerdem war er im Bund der Freimaurer und in der Kommunalpolitik aktiv. Vier Jahre lang war er Stadtverordneter der Deutschen Demokratischen Partei.
Bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 erhielt er Berufsverbot und die Leitung des Kinderkrankenhauses wurde ihm untersagt. Des Weiteren musste er seine Wohnung und Praxis in der Oberen Königstraße aufgeben; sein Vermögen und seine Bibliothek wurden beschlagnahmt. Da seine Frau Leni nicht jüdisch war, durfte er vorerst sein Sommerhaus in der Fürstenstraße 21 behalten (heute Hugo-Preuss-Straße 35). Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, musste er Hilfs- und Straßenbauarbeiten verrichten und auf einem Schrottplatz arbeiten. Während dieser Zeit war er ständiger Diskriminierung und Schikane durch die Gestapo ausgesetzt.
Um seine Frau zu schützen und um der Deportation in ein Konzentrationslager zu entgehen, beging Blumenfeld am 25.1.1942 Selbstmord. In seinem Abschiedsbrief heißt es:
„Der Tod erscheint mir unter diesen Umständen begehrenswerter als ein Dasein mit immer neuen Qualen. Ich gehe deshalb aus dieser Welt der Gemeinheit, Niedertracht und Unmenschlichkeit, um einzuziehen in den ewigen Frieden, und den Pfad suchend, der aus dem Dunkel zum Licht führt. (…) Aber wer weiß, wie lange dieser Krieg dauert, und was bis dahin für die Juden in Deutschland passiert, ist kaum auszudenken. Man wird vor keinem Mittel der Vernichtung zurückschrecken. Da ist es hoffentlich auch im Sinne meiner Söhne ehrbarer und charaktervoller von der Bildfläche zu verschwinden, und lieber freiwillig als ein Toter das Haus zu verlassen, als von den Schergen der Gestapo hinausgejagt zu werden.“
Das Grab von Dr. Felix Blumenfeld befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Kassel Bettenhausen. Zum Gedenken an ihn wurde in der Hugo-Preuß-Straße 35 ein Stolperstein verlegt, außerdem wurde im Kasseler Stadtteil Harleshausen eine Straße nach ihm benannt. Seine beiden Söhne konnten 1938 das Land verlassen und emigrierten in die USA. Dort nahmen sie den Namen Bloomfield an.
Text: Annabelle Holstein
Quellen und weiterführende Informationen:
Stolpersteine in Kassel e.V. https://www.kassel-stolper.com/biografien/dr-felix-blumenfeld/ (Stand: 24.4.2021).
Hein, Christina/Siemon, Thomas: NS-Opfer Felix Blumenfeld: Er sorgte sich um notleidende Kinder, in: HNA vom 16.10.2013: https://www.hna.de/kassel/ns-opfer-felix-blumenfeld-sorgte-sich-notleidende-kinder-3167062.html (Stand: 24.4.2021).
Kassel-West e.V.https://www.vorderer-westen.net/geschichte/prominente-mitbuergerinnen/felix-blumenfeld/ (Stand: 24.4.2021).